Ramadan endet

Esslingen, 10. Juni 2018 – Was es mit Ramadan, dem „Monat der Barmherzigkeit“ und der Spiritualität alles auf sich hat, dazu konnten am vergangenen Freitag (8. Juni) nahezu 60 Einheimische und Geflüchtete unterschiedlichen Glaubens teils neue Erfahrungen sammeln. Die Besucher - unter ihnen Mitglieder des Jugendgemeinderats und des Esslinger Stadt- und Kreisrats - trafen sich auf Einladung der Initiative Gemeinsam für Flüchtlinge in RSKN erstmals gemeinsam zum Fastenbrechen. Ort der Begegnung war das katholischen Gemeindehaus St. Katharina in der Sulzgrieser Kornhalde. Die Fastenbrecher erfuhren beispielsweise, dass im Ramadan „milde Gaben für einen guten Zweck“ und besondere Großzügigkeit den Nachbarn gegenüber geboten sind. Vom sprichwörtlichen Fasten ausgenommen werden Kinder, Schwangere, Alte und Kranke.

Zur Einstimmung auf das gemeinsame Abendmahl spielten fünf junge Frauen der Musikgruppe "Nevbahar" aus Filderstadt auf ihren arabischen Lauten orientalische Weisen. Der anschließende Versuch, einen gemeinsamen Lobgesangs auf schöne mandeläugige Frauen anzustimmen, ging aber schnell in mehrstimmiges diffuses Summen über, weil niemand im Saal den richtigen arabischen Text und Rhythmus auf die Reihe brachte. Das kleine musikalische Missgeschick löste am Ende immerhin großes Vergnügen aus. Dann, beim Untergang der Sonne kurz vor halb zehn, wurden religiöse Anrufungen gesprochen, darunter ein von einem Vorbeter aus dem Koran entnommenes Bittgebet zum Fastenbrechen : „Allah unser, für Dich fasten wir; mit Deiner Bescherung brechen wir das Fasten; nehme uns an, […]  (freie Übersetzung).

Als eine Art Vorspeise wurden Datteln, Nüsse, ein Glas Wasser sowie eine Gemüsecremesuppe gereicht. Danach durften sich alle am reich gedeckten Buffet selbst bedienen.

Allah ist streng. Doch die Gesetze des Allhörenden und Allwissenden werden freiwillig befolgt, so heißt es. Vier lange Wochen durfte demnach nur während Zeiten nächtlicher Dunkelheit gegessen und getrunken werden. Damit ist jetzt erst einmal Schluss, die Regeln ritueller Enthaltsamkeit gelten nicht mehr. An diesem Donnerstag (14. Juni) endet abends der muslimische Fastenmonat Ramadan. Anschließend wird drei Tage lang gefeiert (bis Sonntag, 17.Juni). Für Gläubige brachte die Fastenzeit  nicht nur eine rigorose Reglementierung der Nahrungsaufnahme mit sich, was täglich 16-stündiges darben bedeutet; daneben wurden auch noch zahlreiche weitere menschliche Gewohnheiten eingeschränkt.

Erkenntnis: Vieles, was uns in Lebensweise und in kulinarischen Gebräuchen voneinander unterscheidet, bringt uns in Wirklichkeit eher zusammen. Selbst Trennendes lässt sich bei gegenseitigem Respekt aushalten. Menschen aus verschiedenartigen Kulturen gehen aufeinander zu, lernen sich besser kennen und verstehen. Sie kommen ins Erzählen und mehr und mehr interessieren sie sich ernsthaft füreinander. Und nebenbei gewinnt die eigene Kultur an selbstverständlicher Wertschätzung.

Die Initiative Gemeinsam für Flüchtlinge in RSKN setzt sich seit rund drei Jahren für die gesellschaftliche Integration der Neubürger ein, bietet beispielsweise Sprachkurse und Geselligkeiten an, betreibt eine Fahrradwerkstatt und einen Kleidermarkt und hilft mit bei der Vermittlung in Ausbildung, Arbeit und Wohnen. „Wir wissen, dass es auf allen diesen Gebieten auch einheimische Bedürftige gibt. Auch deren Erwartungen dürfen nicht enttäuscht werden, sonst zerreißt es unser soziales Gemeinwesen“, mahnen die Flüchtlingsunterstützer aus RSKN.

Das Fastenbrechen wurde vom Team Begegnungscafe´ der Initiative organisiert.